Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährlich!!

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DerlebendeTod
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#31 Beitrag von DerlebendeTod »

gerneSchnacksler hat geschrieben: Ein scheint mir als ob bei einigen Kollegen über die Bedeutung des Begriffs Halbwertszeit eine unrichtige Information vorherrscht.
Mir ist das durchaus bewusst ;) Da ich mich ja reichlich Belese auf diesem Gebiet möchte ich euch folgenden Text nicht vorenthalten:

Als Beispiel sei hier der zeitlich versetzte Konsum von Tramadol und XXX angeführt.

Spoiler:
Da Tramadol ein Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer ist, kommt es mit dem Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer XXX zu bedenklich hohen Konzentrationen an Noradrenalin im Synaptischen Spalt. Dies kann Zuckungen, Tremor sowie Krampfanfälle verursachen und sogar zum Tode führen!


Da diese Kombination, wie im Spoiler erklärt, sehr gefährlich ist, ist es wichtig zu wissen, wie groß die noch vorhandene Masse an Tramadol, respektive XXX ist.
Wir werden auf das Beispiel Tramadol + XXX zurückkommen.

Im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtung steht diese Formel, auch Zerfallsgleichung genannt:

N ist die noch vorhandene Stoffmasse (je nachdem, was man einsetzt in g, mg, etc)
N0 ist die Anfangsmenge oder -masse
e ist die Eulersche Zahl
λ ist die (substanzspezifische) Zerfallskonstante
t ist die verstrichene Zeit

Die Zerfallskonstante λ ist, wie ihr sehen könnt, die einzige unbekannte Variable. Daher muss nun nach Lambda umgestellt werden. Das ergibt:

λ = ln(N/N0)/t

Ich verdeutliche das am Beispiel Tramadol:

Tramadol (ohne Metabolite) hat eine Halbwertszeit von 6h. Angenommen man hat eine Dosis von 100mg konsumiert. Dann sind unsere Variablen:
N0 = 100mg
N = 50mg (da wir nach der Halbwertszeit nur noch die Hälfte an Tramadol im Organismus haben)
t = 6h (die Halbwertszeit)
[ln ist der natürliche Logarithmus, auch logarithmus naturalis]

Demnach lautet die Gleichung: ln(50/100)/6 = ln(1/2)/6 = -0.6931/6 = -0.1155

Da man bei der Berechnung der Zerfallskonstante immer die Hälfte der Stoffmenge/Anfangsmenge logarithmiert, handelt es sich folglich immer um den natürlichen Logarithmus von 1/2; dieser ist immer -0.6931. Also müsst ihr eigentlich nichts anderes als machen als -0.6931 mit der Halbwertszeit zu dividieren, um die (substanzspezifische!) Zerfallskonstante zu ermitteln.

Nun folgendes Beispiel:

Neopunk hat vor 40 Stunden 200mg Tramadol zu sich genommen. Kann er jetzt bedenkenlos Substanz XXX konsumieren?
Durch die neu gewonnenen Erkenntnisse, die er beim Lesen dieses informativen Threads gewann, weiß er: Um die noch vorhandene Stoffmenge zu berechnen, muss er nur folgende einfache Rechnung durchführen:

N = 200mg * e^-0.1155*40h = 1.97mg

Neo freut sich, denn er kann sich nahezu sicher sein, dass ~2mg Tramadol keinen Einfluss auf den geplanten XXXkonsum haben werden. Zusätzlich stimmt ihn das Erfolgserlebnis, das ihm diese Rechnung beschert hat, positiv. Um das Set muss er sich also keine Sorgen mehr machen.
Sein ebenfalls anwesender Gefährte jedoch hat nicht nur zeitgleich mit Neo vor 40 Stunden Tramadol konsumiert, sondern auch danach noch mehrmals nachgelegt
.
Er überlegt und erinnert sich, dass er vor 40h 200mg, dann 5h später weitere 100mg und dann zusätzlich am nächsten Tag, 18h später, nochmal 250mg Tramadol konsumiert hat.
Er fragt sich, wie er dann rechnen muss; zum Glück weiß Neo Rat:
Die im Körper verbleibende Menge wird durch eine weitere Einnahme "aufgefrischt" und daher muss immer die bis zur nächsten Einnahme verstrichene Zeit berechnet und der somit erhaltene Wert zur eingenommenen Stoffmasse addiert werden.

Gemeinsam errechnen sie:

N = 200mg * e^-0.1155*5h = 122.26mg
-> 5 Stunden nach der Einnahme befinden sich noch 122.26mg Tramadol im Blutkreislauf von Neos Freund. Durch das Nachlegen hat er also zu Beginn 122.26mg + 100mg intus.

N2 = 222,3mg * e^-0.1155*18 = 27.79mg
-> Vor der Einnahme am nächsten Tag hat er noch ~28mg im Blut und somit nach der Einnahme 28mg + 250mg drin. Die letzte Einnahme ist 17h vor geplantem XXXkonsum.

N3 = 278mg * e^-0.1155*17 = 39.02mg

Der Gefährte weiß nun, dass noch ~39mg Tramadol ihre Wirkung tun, obwohl er davon nichts mehr spürt. Da er ein verantwortungsvoller Konsument und militanter ist, entschließt er sich aufgrund der pharmakologisch nicht zu vernachlässigenden Menge Tramadols, auf Substanz XXX zu verzichten.

Denke viel besser kann man es nicht erklären ;)

Gruß
Dlt

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Dieter666
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#32 Beitrag von Dieter666 »

Vorsicht!

Hier steckt eine - wahrscheinliche, aber nicht allgemeingültige Annahme drin:

Dass nämlich die Zerfallsgeschwindigkeit konstant ist - unabhängig von der Konzentration, weil sie etwa durch nur einen biologischen Mechanismus bedingt ist.

Es gibt aber in vielen Fällen mehrere Zerfalls- oder besser Abbau-Mechanismen/Pfade im Körper, die abhängig von der Konzentration sind und unterschiedlich schnell laufen - ob das hier der Fall ist, weiß ich natürlich nicht, aber Vorsicht ist immer besser.
Ich erinnere mich dunkel an so ein Beispiel, wo bis zu einer bestimmten Wirkstoffkonzentration ein zweiter Mechanismus wirkte, weiß aber nicht mehr, was es war.

PS und OT:

Als Mathematiker liebe ich natürlich die e-Funktion - aber man darf sie nicht immer unkritisch anwenden!
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DerlebendeTod
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#33 Beitrag von DerlebendeTod »

@ Dieter,

vollkommen richtig! Jeder Metabolismus ist anders. Es gibt hier allerdings soviele Variablen wie z.B das Alter des Probanten oder ob man völlig gesund ist oder beispielsweise an einer Nierenstörung oder ähnlichem leidet, dass man zumindest nach einem Richtwert gehen muss.

Das Beispiel ist jetzt auch speziell auf den Wirkstoff Tramadol geeicht und kann natürlich nicht auf jedes Medikament beliebig angewandt werden!

Gruß
Dlt

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Dieter666
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#34 Beitrag von Dieter666 »

DLT, aber gerade bei einer Nierenstörung, kann die Abbau-Geschwindigkeit stark reduziert sein, d. h. die Restkonzentration wäre wesentlich höher ...

Als "älterer Mensch" weiß ich, dass das für viele Medikamente bei mir zutrifft, natürlich kann ich zu Trama etc da nix sagen außer:Vorsicht!
Nicht umsonst wird das bei v; Achtung bei Älteren!ielen Medis auf dem Beipackzettel vermerkt

In Deinem ersten Beispiel bleiben etwa bei halber Abbau-Rate von 200 mg nach 40 h etwa 20 mg ...
Mit jetzt 79 Jahren war Ende mit dem Sex - aber wir lieben uns immer noch!

groberunfug
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#35 Beitrag von groberunfug »

Wirkstoffmenge im Körper ist nicht immer gleichlaufend mit Wirkung! Von der Halbwertzeit bzw. dem Abbau der Substanz darauf zu schließen, dass die Wirkung nicht mehr vorhanden ist, ist bei einigen Substanzen richtig, bei anderen nicht.

Ist das bei Trama und Dapoxetin so? Wirkung auf Serotonin-Spiegel (um den es hier doch geht bzgl. der gefährlichen Nebenwirkung) ist gleichlaufend mit Abbau der Wirkstoffe bzw. Wirkstoffpegel?

Bei zB Pantoprazol ist Wirkstoffmenge im Körper NICHT synchron mit Wirksamkeit. Substanz schon abgebaut, Wirkung auf Säureproduktion im Magen aber noch da.

Ggf. greift hier die Laienbetrachtung etwas zu kurz.

NANTOU
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#36 Beitrag von NANTOU »

walker hat geschrieben:
DerlebendeTod hat geschrieben:Könnte man dieses Schaubild evtl. an die erste Seite pinnen? Denke es ist sehr informativ und passt perfekt zu diesem Thread.

Gruß
Dlt
Link ist ein PDF, an die erste Seite habe ich den Link zum PDF reinkopiert.
Vielen lieben Dank an DerlebendeTod für die Recherche und an Walker fürs anpinnen.

Das Kombination gefährlich ist war mir übrigens zu jeder Zeit bewusst. Bin aber fälschlicherweise davon ausgegangen das sich der Wirkstoff gleichmäßig abbaut. Das wären bei einer 2-stündigen Halbwertzeit von Dapox eine Wirkdauer von 4 Stunden. Deshalb war mein Gedanke, das man nach spätestens einem Tag von Dapox auf Trama umstellen kann. Zum Glück ist mir nichts passiert. Mein Mittel der Wahl habe ich inzwischen gefunden (Dapox), von daher würde ich eh nicht mehr zwischen den Wirkstoffen switchen. Aber wenn doch noch mal, dann lieber 1-2 Wochen Abstand anstatt nur 1-2 Tage.

Schön das hier alles so aktuell gehalten wird und gut das durch das anpinnen nun hoffentlich weniger den Anfängerfehler machen den ich machte. Wenn es nicht so ein tolles Forum gäbe wo man so offen diskutieren kann wäre da bestimmt auch schon öfters mal was schief gegangen.

PS: Verläuft so ein Serotonin-Syndrom eigentlich immer tödlich? Kann jemand etwas zu de Symptomen sagen? Oder den Anzeichen um das Serotonin-Syndrom rechtzeitig zu erkennen? Wie äußert sich sowas?

gerneSchnacksler
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#37 Beitrag von gerneSchnacksler »

NANTOU hat geschrieben:
PS: Verläuft so ein Serotonin-Syndrom eigentlich immer tödlich? Kann jemand etwas zu de Symptomen sagen? Oder den Anzeichen um das Serotonin-Syndrom rechtzeitig zu erkennen? Wie äußert sich sowas?
Voila!
https://de.wikipedia.org/wiki/Serotoninsyndrom

Wikipedia weiß (fast) alles. ;)
Time is hard, live is short, take it easy, fuck it all! :cool:

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Dieter666
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#38 Beitrag von Dieter666 »

Das liest sich schon grausig:
Zielführend für die Diagnose eines Serotoninsyndroms sind – neben der sorgfältigen Medikamentenanamnese – vor allem die neuromuskulären Symptome wie der Tremor bis hin zu den pathologisch gesteigerten Reflexen. Die allgemeine Erhöhung der Erregung der Muskulatur kann schließlich über eine Einbeziehung auch der Atemmuskulatur zu lebensbedrohlichen Zuständen bis hin zum Tode führen.
Bei Auftreten von Anzeichen einer Hyperthermie, disseminierter intravasaler Koagulopathie, Rhabdomyolyse, Nierenversagen oder Einatmen von körpereigenen Sekreten (Aspiration) ist eine strenge Überwachung des Patienten mit zusätzlichen Notfallmaßnahmen nötig.[11]
Mit jetzt 79 Jahren war Ende mit dem Sex - aber wir lieben uns immer noch!

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DerlebendeTod
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#39 Beitrag von DerlebendeTod »

Ich meine letztendlich ist alles hier nur eine Laienhafte Betrachtung der Dinge. Soweit ich weis, haben wir hier momentan keine Mediziner oder Labortechniker im Forum , die sich mit der Materie auskennen.

100%tige Sicherheit werden wir nur bekommen, wenn unser Blut analysiert wird, und Labortechnisch bestätigt wird, dass kein Tramadol und dessen Rückstände mehr im Körper sind, und der Serotoninspiegel sich auf einem normalen Level befindet :)

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die 7 \ 14 Tage Regelung einhalten. Alles andere ist ein abschätzbares Risiko was jeder für sich selbst entscheiden muss wie weit er es eingehen möchte.

Gruß
Dlt

groberunfug
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Re: Tramadol und Dapoxetin kombinieren ist äußerst gefährli

#40 Beitrag von groberunfug »

DerlebendeTod hat geschrieben:Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die 7 \ 14 Tage Regelung einhalten.
Das wollte ich auch ausdrücken mit dem Hinweis auf die ggf. (!) hier nicht allein einschlägigen Halbwertzeiten.

Oder die Nutzer tasten sich langsam und vorsichtig von oben an kürzere Zeiträume, was ich hiermit nicht empfehlen will; es ist aber eine Möglichkeit.

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