eGXX hat geschrieben:Ich muss sagen, dass ich mich immer noch frage, wie diese Aktion eigentlich motiviert ist! Schutz der Bürger vor gefährlichen Medikamenten ist doch ein Ammen-Märchen, dann würden nicht die Shops mit nachweislich einwandfreier Ware so in den Fokus geraten. [...] Oder ist unser Problem hier nur ein Nebeneffekt einer gänzlich anders motivierten Aktion (echte verbotene Substanzen etc.).
Das ist ein Nebeneffekt völlig legitimer Anliegen:
1. Dass Arzneimittel grundsätzlich in der EU nach hiesigem Recht zugelassen werden müssen, ist völlig legitim. Ansonsten wäre es völlig legal, dass hier Krankenhäuser für wirklich lebensbedrohliche Erkrankungen Arzneimittel aus Hintertupfistan verwendet, nur weil sie billig sind und sie in Hintertupfistan nur deshalb zugelassen sind, weil der dortige Gesundheitsminister gerne mit der Chefin einer Hinterhofarzneimittelküche herumvögelt (sorry, so läuft das mancherorts auf der Welt);
2. Dass dieses Zulassungserfordernis durch ein Verbot durchgesetzt wird, indem möglichst lückenlos Parallelhandel (Umgehungen) unter Strafe gestellt werden, ist ebenfalls legitim. Ein Verbot, dessen Verstoß nicht geahndet wird, ist wertlos.
3. Dass dies dem Verbraucherschutz dient, ist ebenfalls richtig, und zwar nicht bei indischen Generika, sondern bei ganz anderen teuren Medikamenten, die Menschen für ihr Überleben brauchen.
4. Dass es für Medikamente Patentschutz gibt, ist auch nicht falsch, da mit der Entwicklung neuer Medikamente enormer Forschungsaufwand verbunden ist, ebenso wie immense Haftungsrisiken (gegenüber Probanden im Zulassungsverfahren).
5. Dass da Schwerpunktkontrollen stattfinden, ist ebenso gerechtfertigt. Wie hier so oft geschrieben wurde: Die richten sich nicht gegen Verbraucher, sondern vor allem gegen die Shops. Und zwar auch nicht unbedingt gegen Generika-Shops für indische Produkte, sondern viel üblere Abzocker. Im Grunde gegen diejenigen, vor denen hier auch gerne grundsätzlich gewarnt wird.
6. Dass sich Behörden nicht aussuchen können, wann sie gegen jemanden vorgehen, der gegen geltendes Recht verstoßen hat, zeigt letztendlich, dass man in einem Rechtsstaat lebt. Kein Beamter kann eine Verfolgung mit der Begründung einstellen, dass er das Gesetz doof findet.
Dennoch haben wir in "unseren" Fällen einen Begleiteffekt, der so nicht akzeptabel ist. Wenn man die Punkte 1 bis 6 als richtig ansieht, ergeben sich hier zwei Kernprobleme:
A) Das Patentrecht ermöglicht es den Patentinhabern, nahezu beliebige Preise zu nehmen. Hiergegen könnte man vorgehen, indem man im Bereich der Arzneimittel ein System von Zwangslizenzen einführt, die nach einem vernünftigen Verfahren versteigert werden (wie bei der UMTS-Frequenzversteigerung). Letztendlich fördert dies auch den Absatz des Medikaments.
B) Es muss leichter werden, dass Arzneimittellizenzen weltweit anerkannt werden. So könnte man festlegen, dass Lizenzen der amerikanischen FDA oder auch der indischen Behörden in der EU automatisch anerkannt sind. Meinetwegen könnte man solche Anerkennungen auch alle zwei oder drei Jahre neu überprüfen. Die zuständigen Beamten bekommen als Leckerli dadurch schöne Dienstreisen in warme Länder.
C) Man sollte bei den Nebenbestimmungen wie für Beipackzettel nach Produktgruppen unterscheiden. Bei bestimmten Produkten sollte es im Online-Handel genügen, wenn der Beipackzettel heruntergeladen werden kann. Wer ihn dann nicht liest, ist selbst schuld (wie auch in der Printversion).